FDP und Griechenland – Sorgenkinder Hand in Hand

Wer sich – wie jeder gutmeinende Bürger – um seine Regierung sorgt, weiß natürlich, was Angela Merkel Sorgen macht: Griechenland und FDP. Wenn die griechische Regierung plötzlich aufhören würde, die fälligen Zins- und Tilgungszahlungen auf ihre Staatsschulden pünktlich zu bezahlen, hätte nicht nur sie ein dickes Problem, sondern auch die deutsche, die französische und andere Regierungen. Denn dann erlitten eine Handvoll Banken ziemlich große Verluste, was ihnen selbst und anderen Betroffenen weh tun würde. Das kann natürlich keiner wollen, weshalb sich alle gutmeinenden Bürger „wie ein Mann“ hinter die Kanzlerin gestellt und sie angefleht haben, Griechenland, den Euro und unsere Banken zu retten. Soweit die gute Nachricht.

Die schlechte Nachricht ist, dass die Hellas-Rettungspakete sehr viel Geld kosten und Deutschland einen erklecklichen Teil davon tragen muss. An dieser Stelle kommt nun die FDP ins Spiel. Denn auch diese braucht jetzt dringend viel Geld. Seit sie mitregieren darf, hat die FDP so viele Wähler verloren, dass sich die Kanzlerin nun auch um sie große Sorgen machen muss. Denn, wenn die FDP nicht mehr in den Bundestag gewählt würde, verlören CDU und CSU ihren liebsten Koalitionspartner: eine lustige, politisch und intellektuell etwas beschränkte Truppe ewiger Nachwuchspolitiker (egal welchen Alters), die die „große“ Politik gern dem großen Partner überlassen, wenn dieser ihnen nur gestattet, ihr alleroberstes, ja einziges Ziel zu verfolgen: STEUERSENKUNGEN!

Die Steuersenkungen will die FDP natürlich nicht für sich selbst, sondern aus Sorge um ihre untreuen Wähler, darunter verhältnismäßig viele Selbständige, Freiberufler und anderweitig Gutverdienende. Denn diese haben – nicht erst seit der Finanzkrise 2008 – auch ihre Sorgen: Sie könnten gut und gern etwas mehr Geld gebrauchen, also wie das heute heißt „mehr Netto vom Brutto“. Aber diese Sorge ist keineswegs eigennützig, sondern von der Sorge um andere, nämlich den eigenen Nachwuchs, gespeist. Wie man immer öfter hört, fällt es mehreren Familien schwer, ihren Söhnen und Töchtern nach bestandenem Abitur einen angemessenen, funkelnagelneuen fahrbaren Untersatz zu spendieren. Das liegt einerseits an den von Jahr zu Jahr steigenden Preisen für BMWs, Mercedesse und Porsches (die zugegebenermaßen mehr teure Sicherheitsausstattungen, bessere Audiosysteme und auch ein paar mehr PS haben, aber trotzdem …). Andererseits haben etliche Familien in der Lehmann-Pleite oder beim Kurssturz amerikanischer Wertpapiere Federn lassen müssen, die ihnen jetzt bei der Sicherung des Lebensstandards und des allgemeinen Wohlgefühls fehlen. Da möchte die FDP gerne helfen. Also eigentlich auch eine gute Nachricht.

Und nun die Gesamtsituation, wie sie sich für die Kanzlerin darstellt: Zwei große Sorgen, zwei umfangreiche Ansprüche an den Staatshaushalt, aber kein überzähliger Euro in der Kasse. Hier sind Ideen gefragt und die wohlmeinenden Büger sollten mit entsprechenden Vorschlägen nicht hinter dem Berg halten. Eine Möglichkeit wäre natürlich, die FDP von dem Druck auf teure Steuersenkungen dauerhaft zu entlasten. Das ließe sich zum Beispiel mit einer erfolgreichen Kampagne „FDP ins Grundgesetz“ erreichen. Würden der FDP durch einen entsprechenden Grundgesetz-Artikel stets ein oder zwei Dutzend Bundestagsmandate garantiert, so könnte man sich Steuersenkungen sparen und die Staatsfinanzen ließen sich leichter wieder ins Gleichgewicht bringen. Wenn das nicht als Begründung für eine Verfassungsänderung reichen sollte, müsste man halt noch auf ein paar schöne Formulierungen aus den FDP-Wahlprogrammen zurückgreifen (aber nicht auf das Thema Steuersenkungen, das wäre doppelt gemoppelt).

Eine andere Idee ist vielleicht noch attraktiver. Bekanntlich werden die umfangreichen Unterstützungszahlungen an Griechenland geleistet, um Griechenland auf seinem Weg der Haushaltssanierung zu unterstützen und dafür zu sorgen, dass das Land seine Schulden stets pünktlich und in vollem Umfang zurückzahlt. Also werden über kurz oder lang saftige Kreditrückzahlungen aus Griechenland in die Bundeskasse fließen. Was liegt also näher, als die FDP-Steuerentlastungen direkt mit der Schuldenrückzahlung Griechenlands zu verknüpfen. Am besten so: Wenn Griechenland, sagen wir mal, 10 Mrd. Euro an den deutschen Finanzminister überweist und die Kanzlerin meint, 6 Prozent Wählerstimmen sollten für die FDP ausreichen, dann werden die Steuern für Gutverdienende um 6 % gesenkt. Oder der Stimmenanteil von CDU/CSU bleibt weiter auf Sinkflug, so dass der FDP, sagen wir mal: 10 % Stimmenanteil zu gönnen sind, dann werden auch die Steuern für Gutverdienende um 10 % gesenkt.

Es ist also gar nicht so schwer, aus zwei großen Problemen ein einziges und viel handlicheres zu machen. FDP und Griechenland sind gewissermaßen zwei Seiten ein und der selben Medaille. Denn in beiden Fällen geht es um das Wichtigste, was verantwortungsvollen Regierungen Sorgen macht: die Wiederwahl.

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Über hwiesenthal

Soziologe und Politikwissenschaftler, seit 2003 im Ruhestand, wohnt in Berlin.
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Eine Antwort zu FDP und Griechenland – Sorgenkinder Hand in Hand

  1. ego schreibt:

    Tja wer will es der FDP verübeln, dass sie an ihren Steuersenkungsplänen festhält. Das kann ja wohl niemand ernsthaft, denn die FDP denkt nur an sich selbst. Wenn sie die Steuersenkungen nicht durchsetzen kann, dann ist sie weg vom Fenster. Gut für Deutschland (?) schlecht für die Partei. Manche Parteien sind halt einfach nur Opositionsparteien. Erst, wenn sie Regierungsverantwortung haben, zeigt sich, ob sie im Sinne Deutschlands denken.

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