Wie viele Mitbürger zerbreche auch ich mir den Kopf, wie die Linkspartei mit den Überlegungen ihrer Vorsitzenden zurecht kommen mag. Lassen doch das Medienecho und der spärliche Beifall aus der eigenen Partei auf beträchtliche Skepsis gegenüber der angekündigten Suche nach „Wegen zum Kommunismus“ schließen.
Mein Vorschlag könnte Frau Lötzsch aus der Patsche helfen. Mit Rückgriff auf die Luhmannschen Sinndimensionen sachlich, zeitlich und sozial lassen sich ein paar Kautelen bestimmen, die einzuhalten sich die Linkspartei im Interesse der Zielerreichung verpflichten sollte.
In sachlicher Hinsicht gilt es v.a., dem Argument der unzureichenden Qualifikation des Funktionärskaders und der arg heterogenen Mitgliedschaft zu begegnen. Denn es dürfte nur wenige Bürger und ganz, ganz wenige Linkspartei-Mitglieder geben, die der Partei die Fähigkeit zusprechen würden, die ganze bundesrepublikanische Gesellschaft plangemäß umzugestalten. Deshalb der Vorschlag: Die Linkspartei mandatiert auf ihrem nächsten Parteitag einen kompetenten Träger, dem sie den Auftrag der Einführung des Kommunismus überträgt, vielleicht einer Unternehmensberatung (McKinsey?) oder der Bertelsmann-Stiftung.
In zeitlicher Hinsicht würde es helfen, sich schon jetzt auf ausreichend lange Erholungspausen zwischen den einzelnen Wegsuchen festzulegen. Also, für den Fall, dass es beim ersten Versuch nicht klappt, legt die Partei eine Pause von, sagen wir mal, 25 Jahren ein. Dann können sich die Kräfte und die Veränderungswünsche erholen, bevor der nächste Versuch in Angriff genommen wird.
In sozialer Hinsicht bestehen zweifellos die größten Schwierigkeiten. Denn die Linkspartei muss mit einer beträchtlichen Zahl von Bürgern rechnen, die sich an der Reise in den Kommunismus nicht beteiligen wollen. Was tun? Das Lenin-Rezept, ein paar Millionen zu Volksfeinden zu erklären und in den Tod zu schicken, dürfte auf die Kritik der UN und etlicher Religionsführer stoßen. Deshalb würde es helfen, wenn die Partei schon jetzt mitteilt, auf wieviele Bürger man höchstens verzichten würde, d.h. welchen Maximalwert an physischer Vernichtung man nicht zu überschreiten gedenkt. Das setzt zwar noch anstrengende Diskussionen mit den verbliebenen Anhängern Stalinscher Politik voraus, aber wie will man die Gesellschaft sozialverträglich ummodeln, wenn man nicht einmal die eigenen Leute auf Linie bringen kann?
Unverzichtbar ist außerdem, dass die Linkspartei schon heute volle Ausreisefreiheit für alle garantiert, die sich an ihrem Projekt nicht beteiligen möchten. Also: keine Mauern, keine Ausreisesteuer, kein Berufs- oder Parteienverbot für Nichtkommunisten!
Würden die Partei diese Prämissen auf glaubwürdige Weise festklopfen, dürfte ihre Attraktivität bald wieder Spitzenwerte erreichen. Dann könnte Frau Lötzsch erste Einzelheiten verraten, wie der nächste Versuch des Übergangs in den Kommunismus aussehen wird. Wir sind gespannt.
H.W., 31.01.11